Dienstag, 25. April 2006

Familienbericht kritisiert Arbeitswillen deutscher Mütter

Der siebte Familienbericht der Bundesregierung kritisiert offenbar den Arbeitswillen von Müttern in Deutschland.

"Die geringste Präsenz am Arbeitsmarkt findet sich bei deutschen Müttern, die diese gewonnene Zeit aber nicht in Hausarbeit investieren, sondern in persönliche Freizeit", zitiert die "Rheinische Post" aus dem Bericht, den Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) heute in Berlin vorstellt.

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In Frankreich, Schweden, Norwegen und Finnland - wo mehr Mütter berufstätig sind als hier - verbringen die Frauen demnach ähnlich viel Zeit mit ihren Kindern wie in Deutschland, nämlich zwei bis zweieinhalb Stunden am Tag. Mit zwei Stunden und 18 Minuten lägen deutsche Mütter nur im Mittelfeld.

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Während in anderen europäischen Ländern "die ideale Familie aus der Sicht der 20- bis 34-jährigen Frauen 2,5 Kinder umfassen sollte, sind es in Ostdeutschland 1,6 und in Westdeutschland 1,7 Kinder"

Spiegel.de

Schon erstaunlich - kaum werden die Kirchen in die Arbeit des deutschen Familienministeriums miteingebunden geht es auch schon den Müttern an den Kragen ... sie sind zu faul und - ojeh ojeh - nicht gebärfreudig genug.

Ich habe den Verdacht das hier alsbald versucht werden wird eine bestimmte ideologisierte Lebensweise quasi per Amt verordnet "durchzudrücken" - nur die fleissigen Mütter sind die "richtigen" Mütter (es zählt ja nur die Quantität der verbrachten Zeit, die Qualität ist ja nicht so wichtig ...),

Warum wird eigentlich nicht diskutiert ob es vielleicht so ist das die Menschen einfach keine Lust mehr haben Kinder in die Welt zu setzen weil sie z.B. sehen das

  • Eltern eine grosse Zahl von Nachteilen erfahren (schlechte Rentenvorraussetzungen für die Erziehenden, Karriereende, massive Geldnöte)
  • Es schwer ist für Jugendliche und junge Erwachsene Arbeitsplätze zu finden (vorraussetzung zur Existenz sowie Familiengründung, und abschreckend da man keine potentiellen eigenen Kinder in eine solche Chancenlosigkeit entlassen will)
  • endlose Scherereien mit Ämtern, Schulen, Nachbarn usw. weil man vielleicht nicht der Norm entspricht (Alleinerzieher, Patchwork)
  • Eltern andauernd öffentlich kritisiert werden, zB siehe oben.
Im Spiegel-Artikel wird auch noch folgende interessante Feststellung von Experten aus dem Regierungsbericht niedergelegt:

Der Familienbericht kritisiert auch die am Geld ausgerichtete Familienpolitik der vergangenen Jahre. "Die finanziellen Aufwendungen haben bis heute nicht dazu beigetragen, dass junge Erwachsene in gleicher Weise wie in Frankreich, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Großbritannien Kinder als Teil einer gemeinsamen Lebensplanung begreifen", heißt es darin
Da mag ja vielleicht einiges schief gelaufen sein, Faktum ist aber offenbar das es in jedem Fall für viele nicht genug Geld war - nämlich gerade für die Gebärfreudigen!:

Nach Zahlen aus dem »Zweiten Armuts- und Reichtumsbericht«, den die Bundesregierung im März 2005 vorgelegt hat, galten im Jahr 2003 13,5 Prozent der Bevölkerung als arm. 2002 waren es nach diesen Angaben noch 12,7 Prozent, 1998 12,1 Prozent. Mehr als ein Drittel der Armen sind allein Erziehende und ihre Kinder. 19 Prozent sind Paare mit mehr als drei Kindern.

wikipedia

Ich bin schon gespannt auf die Ideen des Familienministeriums ... und habe die Ahnung das eine Art "Idealfamilie" bevorzugt werden wird.


6 Kommentare:

ferdi1 hat gesagt…

Ich finde, deine begründungen, welche die geringe anzahl an kindern betreffen, sehr plausibel (nachteile am arbeitsmarkt, finanzielle nachteile, schelchte zukunftsaussichten für den nachwuchs). bei rationaler und rationeller überlegung ist es in vielen fällen für paare besser, auf kinder zu verzichten. da steckt auch ein ganz massives scheitern der familienpolitik in den vergangenen jahrzehnten dahinter.

für mich ist es aber ebenso eine gesellschaftliche frage: in unserer gesellschaft werden alle tätigkeiten, die traditionell von frauen durchgefürht werden, als weniger wert betrachtet (und dementsprechend geringer entlohnt). und dazu gehört natürlich ganz besonders die kindererziehung. erst wenn hier ein umdenken stattgefunden hat, und der wert, den kindererzieher/innen für die gesellschaft erbringen, entsprechend honoriert wird, kann man auf eine steigerung der gebärfreudigkeit hoffen.

aber global betrachtet ist die menscheit ohnehin im wachsen begriffen, also ist es vielleicht nicht so ein großer verlust, wenn zukünftig ein paar europäer weniger diesen planeten verstopfen.

Shu'Gi hat gesagt…

erst wenn hier ein umdenken stattgefunden hat, und der wert, den kindererzieher/innen für die gesellschaft erbringen, entsprechend honoriert wird, kann man auf eine steigerung der gebärfreudigkeit hoffen.

Genau, und hier sehe ich das Problem bei einer solchen "Stundenauflistung" der Mtter-Arbeit (Was für ein Wort!) - es werden die Mütte rniedergemacht, und zugleich wird der höchst komplexe Vorgang Erziehung reduziert auf ein paar Zeitangaben. Wenn sowas als Richtwert für Familienpolitik herangezogen wird zeigt das für mich eine Entmenschlichung der Gesellschaft an welche das eigentliche Problem beim Erziehen / Kinderkriegen sein könnte.


aber global betrachtet ist die menscheit ohnehin im wachsen begriffen, also ist es vielleicht nicht so ein großer verlust, wenn zukünftig ein paar europäer weniger diesen planeten verstopfen.

Meine ich auch. Wobei auch gerne vergessen wird zu erwähnen das eine enorm grosse Zahl von Menschen ungewollt kinderlos sind - in Deutschland 2 Millionen Paare:

http://www.gesundheit.com/gc_detail_11_a12120114.html

Ich glaube persönlich - als alter Verschwörungstheoretiker - das dies u.A. duchr Umweltgifte und künstliche Substanzen in Nahrung etc. begründet ist - nur findet sich kaum jemand dies zu untersuchen, da enorm viel Geld mit Reproduktionsmedizin zu machen ist.

ferdi1 hat gesagt…

ja das meinte ich: geht man/frau arbeiten, verdient er/sie geld - das ist also etwas wert. aber kinderkriegen und aufziehen macht frau, weil das gehört zu ihrem mutterinstinkt, muss nicht weiter belohnt werden...
ein problem, das wahrscheinlich schon auftgetreten ist, als sich die europäische gesellschaft von einer agrargesellschaft zu einer industrie- bzw. dienstleistungsgesellschaft entwickelte. die auswirkungen zeigen sich erst jetzt, weil einerseits im wohlstand weniger kinder geboren werden und andererseits weil durch die emanzipationsbewegung der frau diese oben erwähnte mutterrolle hinterfragt wird und nicht mehr so ohne weiteres 'funktioniert'.

Shu'Gi hat gesagt…

Eine interessante Idee dies zurückzuführen auf den Wandel durch die industrielle Revolution! Andererseits war ja gerade auch in der Agrargesellschaft die Frau nicht nur Mutter, die Frauen arbeiteten ebenfalls hart am Hofe mit. Allein der Adel und teilweise das Bürgertum konnten es sich imho manchmal leisten die Frau rein als Mutter zu sehen.

ferdi1 hat gesagt…

ja genau das meinte ich: in der agrargesellschaft war im familienverband arbeit und familie verbunden, und was die gemeinsam produziert haben bedeutete das familieneinkommen. mit der indust. rev. kam die arbeit außer haus und damit dieses problem, wer auf die kinder aufpasst...

Shu'Gi hat gesagt…

Wobei ja auch noch die gesteigerte Wertschätzung von Kindern dazukommt. Ich meine man hat früher nicht sonderlich auf Kinder "aufgepasst" - die Mozarts beispielsweise (Wolferl & Constanze) fuhren auf mehrmonatige Reise nur kurze Zeit nach der Geburt eines Sohnes - der starb dann auch prompt ... -